Deutschland – Streikland: Kommende Woche Montag, 27.03.2023, müssen sich Berufspendler und Reisende auf einen Streik der „Superlative“ einstellen.
Deutschland – Streikland. Es dürfte wohl kaum noch jemanden geben, dem diese Nachricht noch nicht zu Ohren gekommen ist: Kommende Woche Montag, 27.03.2023, müssen sich Berufspendler und Reisende auf einen Streik der „Superlative“ einstellen. Sowohl die Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft (EVG) als auch Ver.di haben für diesen Tag zu einem großangelegten bundesweiten Warnstreik aufgerufen. Die Konsequenz: Der weit überwiegende Teil des öffentlichen Verkehrs dürfte zu Beginn der neuen Woche zum Erliegen kommen.
Insbesondere Arbeitnehmer, die auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen sind, um pünktlich zu ihrer Arbeitsstätte zu gelangen, dürften abermals vor der kniffligen Aufgabe stehen, Alternativen zu finden.
Noch sind Arbeitnehmer im Streikfalle überhaupt verpflichtet, solch eine Alternative ausfindig zu machen? Immerhin zählen Streiks zur sog. höheren Gewalt. Hierunter fallen Ereignisse, die außerhalb der Verantwortung und Einwirkungsmöglichkeit sowohl des Arbeitsnehmers als auch Arbeitgebers stehen.
Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz: „Ohne Arbeit, kein Lohn.“ Um ihren Entgeltanspruch also nicht zu verlieren, dürfen Arbeitnehmer auch im Falle eines Streikes nicht sehenden Auges untätig bleiben. Sie sind und bleiben zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung gegenüber ihrem Arbeitgeber verpflichtet. Aufgrund des sog. Wegerisikos sind sie verpflichtet, alles Erforderliche zu tun, um pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen – Streik hin oder her. Insbesondere dann, wenn sie durch die Medien frühzeitig über den bevorstehenden Streik informiert worden sind, haben Arbeitnehmer nach geeigneten Alternativen zu suchen. Sollte dem Arbeitnehmer weder ein eigener Pkw noch die Möglichkeit einer Fahrgemeinschaft bleiben und ist die Distanz zwischen Wohnort des Arbeitsnehmers und Betriebsstätte selbst mit dem Fahrrad schlicht nicht überwindbar, muss er im „worst case“ auf das Taxi zurückgreifen. Die Erforderlichkeit dürfte in solch einem Fall ihre Grenzen in der Zumutbarkeit erfahren. Einen Kostenerstattungsanspruch für die Nutzung des Taxis haben Arbeitnehmer gegenüber ihren Arbeitgebern jedenfalls nicht.
Bestehen für den Arbeitnehmer keinerlei Alternativen zum öffentlichen Personennahverkehr und ist es ihm unmöglich, die Arbeitsleistung aus dem HomeOffice heraus zu erbringen, wird ihm wohl oder übel nichts anderes übrig bleiben, als für besagten Streiktag einen Urlaubstag zu „opfern“ bzw. Überstunden abzubauen. Ist weder das eine noch da andere möglich, kann der Arbeitgeber den betroffenen Mitarbeiter von der Arbeitsverpflichtung unbezahlt freizustellen.
Und auch eine weitere, Arbeitnehmern obliegende Verpflichtung wird durch einen Streik nicht ausgehebelt: Sollte es der Arbeitnehmer entweder überhaupt nicht oder nur verspätet an seinen Arbeitsplatz schaffen, muss er den Arbeitgeber hierüber frühzeitig, d.h. vor Arbeitsbeginn informieren. Tut er dies nicht, riskiert er eine Abmahnung und im Falle einer Wiederholung den Erhalt einer verhaltensbedingten Kündigung.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein Streik zwar deutliche Unannehmlichkeiten insbesondere für solche Arbeitnehmer mit sich bringt, die etwa auf den bestreikten Öffentlichen Personennahverkehr angewiesen sind. Doch das bedeutet keinesfalls, dass mit einem Streik die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag gleichsam zum Erliegen kommen. Arbeitnehmer sind und bleiben gehalten, auch in Zeiten des Streiks dafür zu sorgen, dass sie die geschuldete Arbeitsleistung erbringen.