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  • 16. Februar 2022
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Der digitale Nachlass

In der heutigen modernen und digitalisierten Welt, kann ein Verstorbener sein Vermögen nicht mehr nur im klassischen Sinne hinterlassen. Beim Vermögen im klassischen Sinne denkt man insbesondere an Immobilien, bewegliche Sachen, Wertpapiere und Co. Die digitale Präsenz des Einzelnen nimmt im Vergleich aber immer mehr zu. Influencer generieren auf den sozialen Plattformen immer mehr Aufmerksamkeit. Sie können ihre Reichweite auf den sozialen Plattformen als Grundlage für ihre Einnahmen nutzen, sodass ihren Accounts eine Werthaltigkeit zugesprochen werden kann. Es stellt sich somit vermehrt die Frage, wie mit dem “digitalen Vermögen" im Nachlass umzugehen ist. 

Der Begriff des „digitalen Nachlasses“

Einen fest definierten Begriff des digitalen Nachlasses gibt es bis dato nicht. Auch eine ausdrücklich gesetzliche Vorschrift, was unter den Begriff des digitalen Nachlass zu subsumieren ist und wie dieser erbrechtlich zu behandeln ist, wurde vom Gesetzgeber noch nicht verabschiedet. Fasst man darunter alle digital gespeicherten Daten, so fallen etwa auch Speichermedien wie ein USB-Stick, die Daten einer Dropbox oder die einer Cloud darunter. Während bei physischen Datenträgern (z.B. USB-Stick) der Zugang bereits durch das Erbe des Datenträgers grundsätzlich gegeben ist, sieht es bei Daten in der Cloud schon schwieriger aus. Das Kryptowährungen vererblich sind, ist ohne weiteres zu bejahen. Kompliziert wird es hier in der Praxis jedoch bei den Zugangs-Keys, wie sie unserem Artikel „Digitaler Nachlass: so vererben Sie Kryptowährungen richtig“ entnehmen können. Im Allgemeinen kann man sagen, dass der digitale Nachlass die Menge an elektronischen Daten ist, die ein Nutzer im Todesfall auf Datenträgern und im Internet hinterlässt und die meist durch Passwörter geschützt sind. 

Das meistdiskutierteste Thema beim digitalen Nachlass ist daher, wie die Rechtslage bzgl. Konten wie z.B. Instagram, Facebook, E-Mail-Konten und Co. aussieht. Diesbezüglich hat der Bundesgerichtshof bereits 2018 ein richtungsweisendes Urteil gefällt.

Das BGH-Urteil zum digitalen Nachlass von Social-Media-Konten

In dem erstinstanzlichen Prozess ging es darum, dass die Eltern eines Mädchens den Zugang zu ihrem Facebook-Konto verlangten. Das Mädchen wurde in einem U-Bahnhof von einem Zug tödlich erfasst. Die Eltern wollten, durch den Zugang auf das Facebook-Konto, die geführten Kommunikationen ihrer Tochter einsehen, um nach möglichen Hinweisen oder Hintergründen des bis dato ungeklärten Unfalls zu suchen. Das Landgericht Berlin hatte die Beklagte verurteilt, den Eltern vollständigen Zugang zum Facebook-Konto zu gewähren. Die Beklagte ging daraufhin in Berufung und das Kammergericht hob das Urteil auf. Zur Begründung führte das Gericht an, dass das Gewähren des Zugangs gegen das Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 des Grundgesetzes (GG) verstoße, da hierüber Nachrichten und Inhalte ausgetauscht werden würden. Letztinstanzlich landete der Fall schließlich vor dem BGH, welcher den Eltern Recht gab. Zur Begründung führte der BGH aus, dass weder das postmortale Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1 GG) der Verstorbenen, noch das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG), datenschutzrechtliche Regelungen oder sonstige Gründe entgegenstehen. Der Zugangsanspruch ergibt sich, laut BGH, aus dem Vertrag zwischen der Verstorbenen und der Beklagten (hier Facebook). Dieser Anspruch sei im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf die erbenden Eltern übergegangen. Aus den Ausführungen des BGH lässt sich somit schließen, dass die Vererbbarkeit des Zugangs vertraglich ausgeschlossen werden kann, etwa durch AGB, dies aber im vorliegenden Fall nicht gegeben war.

Bedeutung für die Diskussion und allgemeine Rechtslage

Somit hat der BGH die grundsätzliche Vererblichkeit vom Facebook-Konto bejaht. Dieser Grundsatz lässt sich auf andere soziale Netzwerke sowie vergleichbare Nutzungsverträge wie etwa für E-Mail-Konten übertragen. Fehlt dem Erben das Zugangspasswort, so hat der Plattformbetreiber dieses zu Gunsten des Erben zurückzusetzen. Ob der Anspruch eines Erben sich lediglich auf ein Einsichtsrecht beschränkt oder aber auch ein Recht zur aktiven Weiternutzung besteht, hat der BGH jedoch offen gelassen. Da ein solches Konto personenbezogen ist, erscheint es jedoch wahrscheinlicher, dass kein Recht zur Weiterführung des Kontos besteht. Jedenfalls haben die Erben ein Kündigungsrecht.

Die Plattform Facebook dient dem Austausch von Nachrichten und dem Hochladen und Teilen von Inhalten des jeweiligen Nutzers. Es ist daher wahrscheinlich, dass das Zugangsrecht auch auch Messengerdienste Anwendung findet, die “nur" zum Austausch von Nachrichten bestimmt sind.

Ausblick

Wenn Sie Ihren Erben den Zugang zu Ihrem digitalen Nachlass ermöglichen wollen, sollten Sie eine entsprechende Liste anfertigen. Diese Liste sollte alle relevanten Passwörter sowie evtl. Sicherheitsfragen nennen. Bitte bewahren Sie die Liste sicher und sorgfältig auf! Etwaige Passwortwechsel sollten Sie ebenso auf die Liste aufnehmen. Als einzige Alternative stellt sich zur Zeit der Gang über den Anbieter dar. Dieser muss sich jedoch die Erbenstellung beweisen lassen, denn diese gilt ist im Einzelfall festzustellen. Als wahrscheinlich erscheint eine in der Bankenpraxis vergleichbare Handhabung mit dem Erbschein oder dem öffentlichen Testament. In einem Testament können Sie Ihre Zugangsdaten an eine bestimmte Person vererben und Regelungen treffen, wie mit Ihren Konten umzugehen ist. 

Eine zeitnahe gesetzliche Regelung erscheint unwahrscheinlich. Es gilt daher abzuwarten, was künftig durch die Rechtsprechung geklärt wird und welche Details weiter ausgeführt werden. Ob und wie die Vererbbarkeit von betreffenden Regelungen Platz in Nutzungsverträgen und AGBs finden, wird sich in der Praxis zeigen. Wünschenswert erscheint eine Auswahlmöglichkeit des Nutzers, ob er das Konto vererben möchte oder nicht.

Wir von der AHW Unternehmerkanzlei sind auf die Begleitung von Erbschaftsangelegenheiten spezialisiert. Gerne beantworten wir Ihre rechtlichen und steuerlichen Fragen rund um die Nachlassabwicklung. Vertrauen Sie sich uns an – unser Partner, Herr Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater Christoph Felten, LL.M. OEC. und unsere Mitarbeiterin, Frau Steuerberaterin Silke Kreischer, Fachberaterin für Unternehmensnachfolge beraten Sie in Ihrer persönlichen Situation gerne umfassend und diskret.

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