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  • 09. Mai 2022
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Das Hinweisgeberschutzgesetz kommt – irgendwann …

Hinweisgeber (sog. Whistleblower) sollen nach den Vorstellungen der EU besser geschützt werden. Zwei Jahre hatten die Mitgliedstaaten der EU – und damit auch die Bundesrepublik Deutschland (BRD) – Zeit, die auf europäischer Ebene beschlossene Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (sog. Whistleblower-Richtlinie), in deutsches Recht umzusetzen. Geklappt hat das bis heute nicht: Zwar gelang es der seinerzeitigen Bundesjustiz- und heutigen Bundesministerin der Verteidigung, Christine Lambrecht, Ende 2020 einen ersten Referentenentwurf für ein sog. Hinweisgeberschutzgesetz zu erstellen. Einig wurde man sich in der seinerzeitigen großen Koalition hierüber allerdings nicht mehr. Nachdem die Umsetzungsfrist schließlich Mitte Dezember 2021 abgelaufen ist und die EU-Kommission Anfang des Jahres ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren gegen die BRD eingeleitet hat, scheint nun wieder Bewegung in die Sache zu kommen: Bundesjustizminister Marco Buschmann hat jüngst einen neuen Gesetzesentwurf an die anderen Ministerien zur Abstimmung versandt. In Kraft treten soll das Gesetz nach aktuellem Stand zwar erst im Herbst 2022. Betroffene Unternehmen sollten indes nicht zögern, schon jetzt geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den Zielen des Gesetzes gerecht zu werden. 

Inhalt des Hinweisgeberschutzgesetzes – Was auf Unternehmen zukommt 

Das Hinweisgeberschutzgesetz dient dem Schutz von Personen (sog. hinweisgebende Personen), die anlässlich ihrer beruflichen Tätigkeit Kenntnis von Verstößen oder sonstigen Missständen in beruflichem Kontext erlangen und jene Informationen vertraulich weitergeben (möchten). Unternehmen werden zu diesem Zwecke verpflichtet, ein innerbetriebliches Hinweisgebersystem zu etablieren (sog. sichere Meldekanäle), um auf diese Weise die vertrauliche Abgabe von Hinweisen zu ermöglichen. Gleichzeitig sollen hinweisgebende Personen vor Repressalien (etwa in Form von Kündigungen durch den/die ArbeitgeberIn) bewahrt werden.  

Geltung trotz bislang fehlender Umsetzung? 

Da es auch die aktuelle Bundesregierung bislang nicht geschafft hat, das (nationale) Hinweisgeberschutzgesetz zu verabschieden, stellt sich Beschäftigten einerseits, aber auch ArbeitgeberInnen andererseits die Frage, wie mit solch einem „Schwebezustand“ umzugehen ist, insbesondere, ob sich hinweisgebende Personen auf die Richtlinie berufen können. Warum sich diese Frage überhaupt stellt? Eine EU-Richtlinie stellt lediglich eine Art „Rahmengesetz“ dar, welches die Mitgliedstaaten der EU dazu verpflichtet, deren Ziel auf innerstaatlicher Ebene zu realisieren. In aller Regel gelten EU-Richtlinien in den Mitgliedstaaten also nicht unmittelbar: Das tun sie erst, wenn sie durch nationale Gesetze umgesetzt worden sind. Ausnahmslos findet dieser Grundsatz allerdings keine Anwendung: Schafft es ein Staat – wie in diesem Fall die BRD – nicht, eine EU-Richtlinie fristgerecht umzusetzen, kann sie ganz oder zumindest teilweise unmittelbar gelten. Dies ist dann der Fall, wenn der Regelungsgehalt der Richtlinie so klar und eindeutig ist, dass es einer weitergehenden Konkretisierung nicht bedarf. 

Daneben ist bei der Frage nach der unmittelbaren Wirkung von EU-Richtlinien das jeweils betroffene Rechtsverhältnis in den Fokus zu nehmen: Stehen sich ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn, mithin zwei Privatpersonen gegenüber, ist die Frage nach der unmittelbaren Richtlinienwirkung deutlich schwieriger zu beantworten als in den Fällen, in denen sich der/die einzelne BürgerIn dem Staat als eigentlichen Richtlinienadressaten ausgesetzt sieht.  

Unmittelbare Wirkung nicht gänzlich ausgeschlossen: Handlungsempfehlung für Unternehmen 

Mit letzter Gewissheit lässt sich diese Frage nicht beantworten. ArbeitgeberInnen sind aus diesem Grunde gut beraten, nicht erst den Startschuss des (deutschen) Hinweisgeberschutzgesetzes abzuwarten. Ganz im Gegenteil sollten sie aktiv werden und das seitens der EU geforderte Meldesystem schon jetzt in der Form zu etablieren, dass es den Anforderungen der Whistleblower-Richtlinie gerecht wird. Gemeint ist damit die Implementierung eines innerbetrieblichen Workflows, der eine vertrauliche Kommunikation zum Schutz insbesondere von Hinweisgebern garantiert. 

Kommen Unternehmen dem nicht – schon jetzt – nach und sollte eine unmittelbare Richtlinienwirkung bejaht werden, droht ein nicht zu unterschätzendes Haftungsrisiko. Seien Sie also schneller als der deutsche Gesetzgeber. 

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