Arbeitsrechtliche Kündigungen wirksam zugehen lassen – immer wieder ein praktisches Problem?
Inhalt
Der Kündigungssachverhalt ist ausermittelt, der Betriebsrat (falls vorhanden) ordnungsgemäß angehört, die Kündigungsfrist zutreffend berechnet, das Kündigungsschreiben liegt mit allen Formalitäten zum Versand bereit.
Bis hierher war der Weg – auch juristisch – möglicherweise schon schwierig genug, gerade dann, wenn Fristen- und Zeitdruck besteht. Wirksam wird die Kündigung – so steht es in §130 BGB – aber eben erst, wenn sie „zugeht“.
Der nachfolgende Artikel umreißt kurz die typischen Probleme der praktischen Umsetzung und zeigt Lösungsansätze auf.
Schriftform des § 623 BGB beachten!
Arbeitsrechtliche Kündigungen bedürfen gem. § 623 BGB stets der Schriftform. Die ist nur dann gewahrt, wenn die Urkunde vom Aussteller eigenhändig unterschrieben ist. Die elektronische Form einer Kündigung schließt § 623 BGB ausdrücklich aus.
Insbesondere der Versuch, eine Kündigung per WhatsApp ins Ziel zu bringen, muss also scheitern. Das gilt nach einer aktuelleren Entscheidung des LAG München (3 Sa 362/21 vom 28.10.2021) auch dann, wenn per WhatsApp ein angehängtes Foto des Kündigungsschreibens übermittelt wird. Dem Arbeitgeber half im konkreten Fall übrigens auch das Argument nicht, dass der zu kündigende Arbeitnehmer ihm seine aktuelle Adresse nicht mitgeteilt, er also keine andere Möglichkeit zur Kontaktaufnahme gehabt hatte. Wenn sich der Arbeitnehmer in dieser Situation auf einen Formmangel beruft, verstößt das gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Das LAG München hielt allerdings nicht für dargelegt, wann der Arbeitnehmer durch wen auf welche Art und Weise erfolglos um Mitteilung der neuen Anschrift aufgefordert worden sei. Überdies habe der Arbeitgeber auch nicht dargelegt, dass er den Arbeitnehmer via WhatsApp vergeblich nach seiner neuen Anschrift gefragt habe, obwohl er doch über dieses Medium mit ihm kommunizierte.
Der Zugang der Kündigung
„Zugang“ bedeutet im Grundsatz, dass das Original einer Erklärung (hier also des Kündigungsschreibens ggf. nebst Original-Vollmacht) so in den Machtbereich des Empfängers gelangen muss, dass unter Berücksichtigung der Umstände nach der Verkehrsanschauung zumindest die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht.
So einfach das klingt: In der praktischen Umsetzung ist größtmögliche Sorgfalt geboten, will man nicht mit der bestvorbereiteten Kündigung an der Papierform scheitern.
Persönliche Übergabe – auf den Zeugen kommt es an
Auf „Nummer sicher“ gehen Arbeitgeber natürlich im Wege der persönlichen Übergabe an die zu kündigende Person im Betrieb. Vorsichtshalber sollte bei der Übergabe zumindest jemand dabei sein, der notfalls später in einem Rechtsstreit als Zeuge fungieren kann. Gerade Organvertreter (insb. Geschäftsführer, Vorstände) sind im Streitfall hiervon ausgeschlossen – sie sind nämlich Partei des Rechtsstreits. Aus diesem Grund sollte also möglichst keine Kündigung allein durch Organvertreter erfolgen.
Der sicherste Weg: Botenzustellung (nicht der Postbote)
Ist die persönliche Übergabe im Betrieb nicht möglich, ist möglichst immer die Botenzustellung zu erwägen.
ACHTUNG: Damit ist nicht der Postbote gemeint. Dieser erlangt nämlich vom Inhalt einer Postsendung unter normalen Umständen keine Kenntnis. Bote sollte damit möglichst jemand aus dem Betrieb sein, der so vertrauenswürdig ist, dass er vom Inhalt von Personalangelegenheiten auch ansonsten Kenntnis haben kann und nach den oben dargestellten Grundsätzen für eine Zeugenstellung in Betracht kommt.
Der Bote sollte dann das weitere Verfahren dann möglichst vollständig weiter in der Hand haben und für den Streitfall zumindest stichpunktartig dokumentieren.
Das Kündigungsschreiben (ggf. nebst Vollmacht) sollte also von ihm „eingetütet“ und zur Wohnanschrift des Empfängers gebracht werden. Es ist nicht zwingend erforderlich, dass es dort dann von Hand zu Hand übergeben wird. Der Empfänger ist auch nicht verpflichtet, den Erhalt gegen Unterschrift zu bestätigen. Dazu ist der Bote ebenso gut in der Lage – auch in dem Fall, in dem er vor Ort niemand antrifft, die Kündigung aber in den Briefkasten legen kann.
Wenn Einschreiben, dann Einwurf
In Situationen, in denen die Umstände es zeitlich erlauben, ein Kündigungsschreiben mit der Post zu versenden und in denen ein Bote nicht zur Verfügung steht, kann ein Kündigungsschreiben natürlich auch per Post versandt werden.
In solch einem Fall ist zu empfehlen, den Postversand per Einwurf-Einschreiben vorzunehmen. Hierbei erfolgt vor Ort nämlich der Einwurf in den Briefkasten. Anders ist es beim Einschreiben Rückschein, das der Postbote wieder mitnimmt, falls er es vor Ort nicht persönlich zustellen kann. Es erfolgt dann zwar eine Benachrichtigung des Empfängers, allerdings muss dieser dann auch aktiv werden und das in der Postdienststelle niedergelegte Schreiben abholen. Solange dies nicht geschieht, geht das Kündigungsschreiben nicht zu.
Haben Sie Fragen oder Unterstützungsbedarf bei den Formalien einer Kündigung bis hin zu den Praxisfragen des Zugangs? Sprechen Sie uns an, wir stehen Ihnen mit erprobtem Expertenrat zur Seite.